GroKo Berlin: Landeseigene Wohnungsunternehmen langen zu

In der sog. Kooperationsvereinbarwung zwischen Senat und Landeswohnungsunternehmen werden letzteren neue Freiheiten zugestanden. Laut Niklas Schenker, AGH-Abgeordneter der Berliner Linkspartei, werden die „unverfroren“ ausgenutzt. Ulrich Paul von der Berliner Zeitung hat ermittelt, dass dies zu Mietanstiegen bis 768 mtl. führt.  Die Fortschritte, die ab 2016 in der r2g-Koalition unter Beteiligung des Mietenvolksentscheids erreicht wurden, hat der neue Bausenator Gaebler (SPD) unter Abnicken der CDU komplett geschleift.

s. Anlage

 

Nach Mietendimmer-Ende – Mieten steigen in der Spitze um 768 Euro monatlich

 

 

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AGH-Anhörung zur Vergesellschaftung: Klatsche für die SPD

Katrin Schmidberger, wohnungspol. Sprechering der Grünen Berlin: „Prof. Dr. Rödl bestätigt in Anhörung zur #Vergesellschaftung : Geplantes Rahmengesetz von Schwarz-Rot ist ein politischer Verschiebebahnhof, eigenes Gesetz von Gerichten prüfen zu lassen ist NICHT möglich. Wird @JM_Luczak dann beauftragt zur Klage, wie bei #Mietendeckel ?“

@kaddinsky

 

Salehs dreiste Lüge gegen den DWe-VE

Nachdem die Blockierung des DWe-VE über die Exp.kommision voll in die Hose gegangen ist, will Saleh nun über den Mietendeckel den nächsten Versuch starten. Dabei bedient er sich der Lüge, die Exp.kommision hätte diesen Weg als „milderes Mittel“ gestützt, wenn die Bundesregierung dies zuließe. Salehs bekannte Methode lautet: Ich setz mal eine Lüge über die Springerpresse in die Welt, etwas davon wird schon im Alltagsbewusstsein hängenbleiben.
Dazu die entsprechenden Belege.
Saleh erklärt in der Mopo (vom 10.7., link s.o.):
„Ein Mietendeckel könnte aus Sicht des SPD-Chefs auch die Enteignung von Wohnungen großer Immobilienkonzerne ersetzen. Die Expertenkommission habe in ihrem Abschlussbericht Vergesellschaftungen für möglich gehalten, wenn es kein milderes Mittel zur Mietenbegrenzung gebe.“
Saleh weiß haargenau, dass das Gegenteil der Fall ist:
Abschlussbericht Exp.kommission, S. 49f.:
„Selbst wenn sich aber eine öffentliche Wohnungsbewirtschaftung in ihrem Anwendungsbereich auf die zu vergesellschaftenden Bestände beschränken ließe, handelte es sich nicht um ein offensichtlich milderes und gleich geeignetes Mittel…. Jedenfalls ist ein „Mietendeckel“ allenfalls gleich geeignet, um das Ziel einer bezahlbaren Miethöhe zu erreichen. In Bezug auf nahezu alle weiteren mit der Vergesellschaftung verfolgten Ziele ist das Mittel noch weniger geeignet als die Einführung einer umfassenden öffentlichen Wohnungsbewirtschaftung.“
s.
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Verpflichtungsmiete des Senats erlaubt weiter fiktive Kosten zu Lasten der Mieterschaft

Der neue Senat will die sog. Verpflichtungsmiete einführen. Der Gesetzentwurf des Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Stadtentwicklung würde – wenn er denn so im AGH beschlossen wird – das Tor für zusätzliche Mieterhöhungen im alten Sozialen Wohnungsbau aufmachen.
Das Hearing des Initiativenforums Stadtpolitik Berlin vom 28. Juni zu „Unsoziale Mieten im sozialen Wohnungsbau  – Neuer Anlauf für eine Reform im sozialen Wohnungsbau?“ hat immerhin den unter dem früheren Senator Geisel abrupt abgebrochenen Dialog von Politik, Verwaltung und Mieterinititiven wieder aufgemacht und zu einem ersten konstruktiven Austausch geführt. Es gibt Anlass zur Hoffnung, dass im palamentarischen Verfahren noch substantielle Änderungen im Interesse einer Mieterschaft einer Stadt möglich sind, die inzwischen bundesweit Spitzenreiter im Mietanstieg ist.
Hierzu als Diskussionsbeitrag die folgende Bewertung des Gesetzentwurfs im Einzelnen.

  • Vermieter konnten bislang mangels Gesetzesvorschrift ihre in privatrechtlichen Vereinbarungen mit dem Senat bzw. der IBB eingegangene Verpflichtung (sog. „Ansatzverzicht“) missachten, keine Kapitalkosten für Fremdfinanzierung für bereits getilgte Darlehen (sog. fiktive Kosten) in der Miete anzusetzen. Die nun beabsichtigte Korrektur versetzt die IBB in die Lage, dagegen per Bußgeld vorzugehen. Dies betrifft aber (nur) – wie von Senator Gaebler behauptet – ca. 2.000 Wohnungen. Diese Gesetzeslücke zu schließen war überfällig, gilt aber – neben den genannten 2.000 Bußgeld-Fällen – nur für Sozialwohnungen mit Anschlussförderungen.
  • Problematisch wird es dagegen mit Blick auf Bestimmungen bei vollständiger Ablösung der Kapitalkosten von Bankdarlehen und von Kosten öffentlicher Darlehen. Für ersteren Fall (Bankdarlehen) wird zurecht die „teilweise oder vollständige Aufhebung … von Ansatzverzichten (für) unzulässig“ erklärt. Diese Klarstellung des Verbots eines jahrelang existierenden Schlupflochs für Vermieter ist zu begrüßen. Um den Streit darüber zu vermeiden, wäre es allerdings sinnvoller gewesen, diese Regelung gleich vorab in die Richtlinien zur Anschlussförderung zu schreiben.
  • Zu Fall 2 (bei öffentlichen Darlehen) heißt es dagegen (Ds 19/1042, § 1a Verpflichtungsmiete, Abs. 2, Satz 4):
    „Nach freiwilliger vorzeitiger vollständiger Rückzahlung der öffentlichen Aufwendungsdarlehen sind zusätzliche Ansatzverzichte auf Kapitalkosten für Fremdmittel nicht zu erbringen, soweit erst nach dem Zeitpunkt der Rückzahlung der Aufwendungsdarlehen die vollständige Tilgung der Fremdmittel, die Umfinanzierung oder Umstellung auf das Restkapital oder die Ersetzung der Fremdmittel durch Eigenmittel erfolgt.“
    In diesem Fall können Vermieter – die schon bei Bankdarlehen auf (fiktive) Kostenansätze für abgelöste Bankdarlehen verzichtet haben – bei öffentlichen Darlehen solche Kosten „ansetzen“, müssen also nicht doppelt verzichten. Die so entstehende Kostensenkung verpflichtet sie zwar nicht zur Mietsenkung, die daraus entstehende höhere Gewinnspanne muss jedoch den Förderbestimmungen entsprechend zur Darlehensablösung eingesetzt werden, fließen also an das Land.
    Diese seinerzeit zur Sanierung der hohen Defizite im Landeshaushalt eingeführte Bestimmung produziert allerdings folgenden kritikwürdigen Sachverhalt: Das Land erhält Zusatzeinnahmen, die nicht wohnungspolitisch eingesetzt werden, sondern in den allgemeinen Haushalt einfließen. Unterm Strich werden so Haushalte für die Rückzahlung der Landesdarlehen z.T. mit auf nicht vorhandenen Kosten basierenden Mieten belastet, die das Land für allgemeine Ausgaben und/oder zur Senkung von Haushaltsdefiziten einsetzt.
    Mit dieser Bestimmung wird so – wie in der Vergangenheit – die Abwälzung fiktiver Kosten auf die Miete weiter zugelassen, nur mit dem Unterschied, dass die entsprechenden höheren Einnahmen nicht auf Vermieterkonten, sondern im Landeshaushalt landen.  Das Land (bzw. die im AGH beschlossene Politik) wird so zum Profiteur von zu hohen Mieten, die auf Scheinkosten basieren. Hier macht sich die Landespolitik, die – im Unterschied zu privaten Kapitalgebern – gemäß Artikel 65, Abs. 1 der Landesverfassung dem Ziel der „Herstellung einheitlicher Lebensverhältnisse“ verpflichtet ist, zum Täter. Dies ist politisch untragbar.
  • Die Mietenbewegung kämpft seit mehr als 10 Jahren gegen fiktive Kostenansätze in der sog. Kostenmiete und fordert erstens, dass diese seinerzeit „Entschuldungsgewinne“ genannten fiktiven Kosten ausnahmslos für alle Sozialwohnungen, also auch für Sozialwohnungen ohne Anschlussförderung, unterbunden werden und zweitens grundsätzlich die bislang geltende Kostenmiete durch Ausschuss fiktiver Kosten in eine „bereinigte Kostenmiete“ transformiert wird. Beide Forderungen sind bis heute und auch durch den vorliegenden Gesetzentwurf nicht erfüllt.
  • Weitere Kritikpunkte kommen hinzu: Es würden mit diesem Gesetzentwurf für diese der Klageweg gegen Vermieter erschwert, weil die (nicht öffentlichen) Verträge mit der Verpflichtungsmiete nun zum Gesetz erhoben werden und weil für die Mieter:innen keine Transparenz über die geltend gemachten Kosten existiert.
    Über die Motive des Senats kann man spekulieren, dass damit Vermieter zur vorzeitigen Darlehensablösung motiviert werden sollen (Stichwort Mehreinnahmen im Landeshaushalt). Fest steht: Mit seiner einseitigen Interpretation des Gesetzentwurfs täuscht der Senat so Mieterschaft und Öffentlichkeit.
  • Die Auseinandersetzung über Entschuldungsgewinne der Vermieter war begleitet von einem heftigen Streit in der r2g-Koalition ab 2016 über die sog. „Richtsatzmiete“. Die SPD wollte eine Richtsatzmiete in Stufen, die höhere Mieten für höhere Einkommen zulässt. Damit hätten die betreffenden Mieten steigen und dann mit deutlich höherer Miete nach Auslaufen der Bindungen in das Vergleichsmietensystem eingehen können.
    Grüne und bestimmte Vertrer:innen von LINKEN und der Mietenbewegung (u.a. mieterstadt.de, Kotti&Co, Mietenvolksentscheid) lehnten diese besonderen höheren Einkommensstufen der Richtsatzmiete ab mit der Begründung, dass dadurch Anreize für Vermieter geschaffen würden, Wohnungen an bessergestellte Haushalte zu Lasten einkommensschwächerer Haushalte zu vergeben.
    Würden Phantomkosten wie Kosten für bereits abgelöste Darlehen in den Bestimmungen zur „Kostenmiete“ von vorneherein ausgeschlossen, wäre statt der Richtsatzmiete eine deutlich niedrigere bereinigte Kostenmiete die bessere, verlässliche Grundlage, weil sie einkommensabhängige Mietzuschläge einer Richtsatzmiete ausschließt.
    Die entsprechenden Verhandlungen wurden seinerzeit in der r2g-Koalition von der SPD einseitig (nicht zuletzt auch mangels Einigung zwischen Grünen, Mieterbewegung und Linksfraktion) abgebrochen.

Fazit: Der Gesetzentwurf schafft einerseits per Gesetz endlich Klarheit bzgl. der Umlage fiktiver Kosten von Bankdarlehen auf die Miete („Aufwandsverzicht“). Dies ist ein wichtiger Fortschritt. Andererseits bleiben ohne Reform des Kostenmietrechts Mieten des Sozialen Wohnungsbaus mit Scheinkosten belastet, von denen anstelle der Vermieter nun das Land profitiert. Der Sektor Wohnungen ohne Anschlussförderung bleibt zudem weiter komplett außen vor.

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Deshalb ist ohne eine Änderung in diesem zweiten Punkt der Gesetzentwurf des Senats zur Verpflichtungsmiete abzulehnen.


 

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Berliner Mieten: Platz 2 deutschlandweit

„Die Mieten in Berlin explodieren: In den vergangenen drei Monaten stiegen die sogenannten Angebotsmieten bei Bestandsimmobilien in der Hauptstadt um 27 Prozent an. Verglichen mit anderen deutschen Großstädten ist dies der rasanteste Anstieg….
Inzwischen katapultierte die Preisexplosion die Bundeshauptstadt allerdings auf Platz zwei der teuersten Städte Deutschlands. Nur in München mussten Mieter mit 17,39 Euro pro Quadratmeter bei Neuvermietungen noch tiefer in die Tasche greifen.“

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Bernt/Holm-Studie: durch Vergesellschaftung kräftige Mietsenkung möglich

Quelle: Neues Deutschland 11.1.23

In der von der Rosa-Luxemburg-Stiftung i.A. gegebenen Studie wird gezeigt, dass die privaten Wohnungsunternehmen unter dem Druck ihrer Aktionäre höhere Mieten realisieren als z.B. die Landeswohnungsunternehmen, die als Referenz herangezogen werden.
Offen muss dabei zwangsläufig noch die Höhe der über die Miete zu finanzierenden Entschädigung sein. Im Konzept der Initiative wird dabei die „leistbare Miete“ angesetzt, d.h. eine Bruttowarmmiete in Höhe von 30% des Haushalt-Netto-Einkommens. Die Entschädigung der betroffenen Eigentümer:innen erfolgt über handelbare Schuldverschreibungen mit 40 Jahren Laufzeit.
Ein Mietanstieg wäre damit ausgeschlossen.

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https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/studie-nach-vergesellschaftung-koennten-mieten-fuer-ueber-200000-wohnungen-sinken-li.305761

s.a.

https://www.nd-aktuell.de/artikel/1170025.deutsche-wohnen-co-enteignen-weniger-miete-soll-moeglich-sein.html?sstr=Walther

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SPD will kritische Mieten-Inis neutralisieren

Die Berliner SPD und die für Mieterschutz und für den Kontakt zur Mietenbewebung zuständige Staatssekretärin Radziwill (SPD) arbeiten kräfig daran, das erfolgreiche Projekt „Initiativenforum Stadtgesellschaft“ auszuhöhlen. Ursprünglich seit Jahresanfang für zwei Jahre weitergeführt, sind seit 1.1. die Mitarbeiter:innen ohne Einkommen. Nun droht ihnen faktisch durch Neu-Ausschreibung des Projekts mit Bewerbungsfrist bis 15.9. entweder Weiterbeschäftigung erst ab Januar 2023 oder der Ersatz durch neues Personal. Dies wäre ein Affront gegen die Berliner Mietenbewegung und eine Verletzung des Koalitsionsvertrags.
Der Beirat des Initiativenforums Stadtprojekte wendet sich scharf gegen solche Absichten. Er fordert die Fortführung des Projekts in der bisherigen erfolgreichen Form und eine Mitentscheidung bei der Vergabe der Landesmittel: „Mit dieser Ausschreibung werden die funktionierenden und kooperativen Strukturen ignoriert und die Zukunft des Initiativenforums in Frage gestellt!“ Hier die Pressemitteilung des Beirats.

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„Mietenbündnis“: Viel Sollen, wenig Haben

Ulrich Paul von der Berliner Zeitung fasst die Ergebnisse der letzten Sitzung von Giffeys „Mietenbündnis“ nüchtern zusammen: „Für die breite Masse der Berliner Mieter bleibt es bei allgemeinen Zusicherungen.“
An kritischen Punkten hätte er hinzufügen sollen:
Für die „breite Masse“ der WBS-Berechtigten (HH-Einkommen bis 140% WBS-Bund) bleibt es iW ebenfalls beim Alten –  ganz abgesehen davon, dass die Privaten nur zu einem Bruchteil WBS-berechtigte Wohungen anbieten.

Das hätte er weiter vertiefen können:

Erstens: für die „breite Masse“ der WBS-Berechtigten (HH-Einkommen bis 140% WBS-Bund) bleibt es iW ebenfalls beim Alten –  ganz abgesehen davon, dass die Privaten nur zu einem Bruchteil WBS-berechtigte Wohungen anbieten.

Zweitens: Nur auf Antrag können sie davon profitieren, dass nur bei Mieterhöhungen die Miete (ob kalt oder warm ist unklar) auf 30% des Netto-Einkommens gesenkt wird.

Drittens: es ist in Berlin hinlänglich bekannt, dass die „breite Masse“ der Berechtigten keinen Antrag stellen, wie sich beim Mietzuschuss zeigt.

Viertens: Dieser Anspruch ist nicht einklagbar.

Fünftens: die Erhöhung der Neubauvergabe auf 50% WBS gilt nur die Stufe 180% WBS.

Für die Berechtigen mit 140%-WBS blebt als wesentlicher – letztlich kosmetischer –  Fortschritt die Absenkung der möglichen Mietsteigerung von 15 auf 11% in drei Jahren.

Hinzuzufügen wäre:

  • weil die Privaten bislang nur zu weniger als 10% sich am Neubau von SozialwWohnung beteiligen, ist die Verpflichtung auf Wiedervermeitung zu 30% WBS zwar ein Fortschriitt. Erwähnt werden muss dabei aber, dass die Privaten den Großteil (die restlichen 70%) der Wiedermietung dazu nutzen werden, die Mieten hochzutreiben.
  • kein Wort wird in der Vereinbarung verloren zu dem Umstand, dass von den 500 Mio. im Wohnraumförderfonds nur ein Bruchteil abgeflossen ist und wie der Misstand zu ändern ist.
  • zur Instandhaltung soll es bei der (trotz geltender Vorschriften häufig skandlösen) Praxis beiben.
  • kein Wort auch dazu, dass die Privaten weiter und verstärkt ungehemmt verdrängen und umwandeln.

https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/berlin-mietenbremse-fuer-haushalte-mit-geringen-einkommen-li.236768

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Abgang Härtigs muss zum Neustart der WVB genutzt werden

Der Vertrag mit SPD-Haudegen Härtig als Vorstand der WVB ist beendet worden. LINKE, Grüne und Mieten-Inis fordern nun stärkeren Einfluss der Wohnraumversorgung Berlin (WVB) auf die Landeswohnungsunternehmen.

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https://www.nd-aktuell.de/artikel/1164269.mietenbewegung-neustart-bei-der-wohnraumversorgung.html

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WVB-Vorstand Ulrike Hamann: Ich kündige

Als Folge der seit über einem Jahr andauernden Blockierung der Vorstandsarbeit (https://mietenvolksentscheidberlin.de/wohnraumversorgung-in-not/) zieht das Vorstandsmitglied Dr. Ulrike Hamann die Konsequenz.

Hier ihre öffentliche Erklärung.

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Es reicht! Ich trete als Vorständin der WVB zurück

Genug ist genug. Das, was ich seit über einem Jahr in meiner Funktion als Vorständin der Wohnraumversorgung Berlin (WVB) erlebe, ist nicht das, wofür der Mietenvolksentscheid organisiert wurde: Die soziale Wohnraumversorgung in Berlin nachhaltig zu sichern, das „Recht auf Stadt für Alle“ zu erringen und die Verdrängung der Armen aus der Innenstadt aufzuhalten.

Berlin erlebt seit mehr als 10 Jahren eine Wohnungskrise. Diese Krise braucht dringend entschlossenes Handeln, um die soziale Notlage vieler Berliner*innen zu lindern.

Die in den letzten Jahren gewachsene Berliner Mietenbewegung und viele andere gemeinwohlorientierte Akteure haben mit viel Energie und Engagement gearbeitet und ein ganzes Bündel an Maßnahmen und Instrumenten vorgeschlagen – und zum Teil durchgesetzt -, die verhindern sollen, dass Berlin weiter als Renditeobjekt der Immobilienwirtschaft gehandelt wird. Der Markt versagt in der Versorgung der Menschen mit bezahlbarem Wohnraum und es braucht dringend eine klare Politik, die das Grundbedürfnis Wohnen erfüllt.

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Landeswohnungsunternehmen als Mittel gegen Verdrängung wichtig

Während Sozialwohnungen immer teurer und gleichzeitig weniger werden, zigtausende Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt werden und der Neubau für die meisten Berlinerinnen unerschwinglich ist, steigen auch die Bestandsmieten in Berlin weiter ins Unermessliche. Die gesetzlichen Regelungen sind zu schwach, um Mieter*innen nachhaltig vor Verdrängung zu schützen. Die Mieten in Berlin haben sich seit der Finanzkrise 2008 nahezu verdoppelt. Das ist die größte anhaltende Krise im Land Berlin seit Jahrzehnten.

Um dem entgegenzuwirken, um sich vor Verdrängung zu schützen und wirksame Instrumente zu fordern, haben sich die Berliner*innen zu vielen Mieter*inneninitiativen zusammengeschlossen. Diese Bewegung hat zahlreiche Demonstrationen, Veranstaltungen, Publikationen und vieles mehr an politischer Intervention in den politischen Raum gebracht.

Ein wesentlicher Baustein in diesem Ringen war der erste Berliner Mietenvolksentscheid. 2015 haben hier 50.000 Berliner*innen unterschrieben, um die Berliner landeseigenen Wohnungsunternehmen (LWU) stärker gemeinwohlorientiert auszurichten. Begleitet und überwacht werden sollte dieser Prozess durch die im Wohnraumversorgungsgesetz (WoVG) errichtete Anstalt öffentlichen Rechts „Wohnraumversorgung Berlin“ (WVB).

Diese durch das Volksbegehren erschaffene Institution ist 2016 durch Jan Kuhnert aufgebaut worden und hat gute Arbeit geleistet. Sie hat gemeinsam mit der damaligen Senatsverwaltung  für Stadtentwicklung und Wohnen erreicht, dass fast zwei Drittel der wiedervermieteten Wohnungen der LWU an Menschen mit niedrigen Einkommen vermietet werden und die Hälfte der Neubaubauwohnungen mit WBS zugänglich sein sollen.

Sie hat darüber hinaus mehr Transparenz in das wirtschaftliche Handeln der landeseigenen Wohnungsunternehmen gebracht. Sie hat die Mieter*innenräte und Mieter*innenbeiräte in den landeseigenen Wohnungsunternehmen in ihrer Arbeit qualifiziert und unterstützt und so für mehr Demokratie in den kommunalen Beständen gesorgt. Kurzum, die Arbeit der WVB stand sowohl für eine stärkere soziale Ausrichtung als auch für eine Demokratisierung der LWU.

Vor diesem inhaltlichen Hintergrund habe ich seit 2020 als Vorständin die WVB mit viel Begeisterung geleitet. Ich hatte die große Freude und Ehre, mit sieben hochkompetenten und engagierten Kolleg*innen eine soziale Wohnungspolitik mitgestalten zu können. Die WVB kann ein hilfreiches Instrument zum Mieter*innenschutz sein, der bei den Landeswohnungsunternehmen (degewo, Gewobag, Stadt und Land, WBM, howoge, gesobau) per Gesellschaftsform qua Satzung nur bedingt vorgesehen ist. Als Aktiengesellschaften oder GmbHs haben sie nicht den Mieter*innenschutz und die demokratische Mitbestimmung der Mieter*innen im direkten Fokus. Diese Werte dennoch so weit wie möglich zu implementieren – darum ging es im Kern bei der Einrichtung der WVB und wurde auch von mir so gesehen.

Ich habe die WVB auch immer vor dem Hintergrund dieses Kernanliegens  des Mietenvolksentscheids geführt. Dass die Initiative Mietenvolksentscheid nun eine kritische Bilanz ziehen muss, sollte alarmieren.

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Warum ich gehe

Die Situation auf dem Berliner Wohnungsmarkt ist weiterhin dramatisch. Die Landeswohnungsunternehmen und mit ihnen die WVB sollen einen wesentlichen Eckpfeiler der sozialen Wohnraumversorgung in Berlin darstellen. Die Stärkung der Mieter*inneninteressen ist bei gleichzeitiger Sicherung der spezifischen Wirtschaftlichkeit eines Gemeinwohlunternehmens von zentraler Bedeutung.

Seit 2021 ist mit der Nachbesetzung des Vorstands durch die damalige Senatsverwaltung für Finanzen die Umsetzung der o.g. Ziele nahezu unmöglich. Mieter*innenbeiräte und Mieter*innenräte sind verärgert, weil die anvisierten Projekte nicht vorankommen.

Hinzukommt, dass die bislang gepflegte kooperative Arbeitsweise in der WVB, die zum Erfolg der Arbeit der Anstalt maßgeblich beigetragen hat, nicht mehr umsetzbar ist. Durch die Konflikte um die Zielsetzung der WVB in der Leitungsebene haben sich die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter*innen extrem verschlechtert.     

Anhängige Beschwerden beim Personalrat, bei den Hausleitungen und der Fachaufsicht haben an diesem Zustand nichts geändert und zu keiner für mich oder die Mitarbeiter*innen erkennbaren Besserung geführt. Aus diesem Grund werde ich ab Juni 2022 nicht weiter als Vorständin der WVB zur Verfügung stehen.

Meine Kompetenz, Zeit, Energie, meine Erfahrung und mein Engagement sind anderweitig besser von Nutzen und sinnvoller einsetzbar.

Ich gehe jetzt, weil das erkämpfte Instrument seit über einem Jahr blockiert ist.

Ich möchte mich vor allem bei den Kolleg*innen aus der WVB bedanken für ihre Bereitschaft, auch unter ausgesprochen strapaziösen Bedingungen exzellente Arbeit zu leisten.

Ich bedanke mich bei den Mieter*innenräten und Mieter*innenbeiräten, die konstruktiv mit der WVB zusammengearbeitet haben, trotz der erkennbaren Schwierigkeiten der letzten Monate.

Ich danke meinem ehemaligen Vorstandskollegen Jan Kuhnert, der seine wohnungswirtschaftliche Kompetenz immer im Sinne der Mieter*innen eingesetzt hat.

Ich danke der ehemaligen Senatorin Katrin Lompscher, dem ehemaligen Senator Sebastian Scheel und der Staatssekretärin Wenke Christoph für ihre Entschlossenheit, die Zugänge zu Wohnungen auch für Mieter*innen mit wenig Einkommen offen zu halten.

Ich danke allen Kolleg*innen aus Verwaltung und Wohnungsunternehmen, die sich gemeinsam für die Demokratisierung und soziale Ausrichtung der LWU einsetzen.

Ich danke den Fachbeiratsmitgliedern für ihre Beratung und konstruktive Zusammenarbeit.

Und auch Allen, die meine Arbeit in der WVB fachlich und persönlich unterstützt haben (wie zum Beispiel die Mieter*inneninitiative Kotti & Co und die Initiative Mietenvolksentscheid), gilt mein tiefer Dank und meine innigste Verbundenheit.

Auch wenn ich mich von der WVB verabschiede, werde ich mich weiter mit Leidenschaft für leistbaren Wohnraum für alle Mieter*innen in dieser Stadt einsetzen. Mein Auftrag entspringt keinem Parteiprogramm. Mich ermutigen meine Erfahrungen als organisierte Mieterin in meiner Nachbarschaft am Kottbusser Tor (einem der tollsten, diversesten, komplexesten urbanen Orte Berlins), dass es sich lohnt, sich für die Interessen der Mieter*innen einzusetzen.

Berlin bleibt die Stadt der Mieter*innen. Ihre Interessen gegen Verdrängung zu verteidigen, ist weiterhin das Gebot der Stunde. Wir sehen uns.

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Ulrike Hamann, Berlin, den 31.3.2022

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