Pressemitteilung der Initiative „Berliner Mietenvolksentscheid“ zur amtlichen Kostenschätzung des Senats
 
Mit dem Mietenvolksentscheid kämpfen wir dafür, dass Wohnen in Berlin bezahlbar für alle bleibt.
Der Senat ist jedoch der Meinung, dass unser Gesetz über die Neuausrichtung der sozialen Wohnraumversorgung in Berlin genau das nicht ist: bezahlbar für die Bürger dieser Stadt.
In der Presse spielt der Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen nun Kitas, den öffentlichen Nahverkehr und Kultur gegen bezahlbaren Wohnraum aus.
 
Dies ist nicht nur eine äußerst unfeine Art der politischen Stimmungsmache, es ist schlichtweg falsch.
In einer Pressemitteilung antworten wir nun auf die Zahlen des Senats. Denn nach unserer Berechnung liegen die Kosten für Gesetzes um fast die Hälfte unter denen der amtlichen Kostenschätzung – und damit umgerechnet bei nicht einmal einem Prozent des Haushalts:
 

Die soziale Wohnraumversorgung kostet Geld!
 
Die Initiative Mietenvolksentscheid schätzt die Kosten für die Umsetzung der Maßnahmen des Gesetzentwurfs für die Jahre 2017 bis 2021 auf insgesamt 1,144 Mrd. Euro, also jährlich 228,8 Mio. Euro oder 0,91 % des Berliner Landeshaushalts.
 
Diese Kosten entfallen wie folgt auf die einzelnen Felder:
 

Für die Neuausrichtung der sechs Wohnungsunternehmen des Landes Berlin und die Vergrößerung ihres Wohnungsbestandes durch Ankauf und Modernisierung rechnen wir mit insgesamt 506 Mio. € oder 101,2 Mio. € pro Jahr:
– Einmalig 6 Mio. Euro für die Umwandlung der landeseigenen Wohnungsunternehmen (§ 10), also 1,2 Mio. € jährlich,
– Jährliche Kosten von 100 Mio. Euro für die Eigenkapitalerhöhung der landeseigenen Wohnungsunternehmen, um Ankauf und Neubau von günstigem Wohnraum zu finanzieren (§ 11), von denen bis zu 60 Mio. Euro für den Ankauf von Sozialwohnungen durch das Land Berlin (§ 37) eingesetzt werden und 40 Mio. € für Neubau von Sozialwohnungen oder Ankauf weiterer Wohnungen zur Verfügung stünden.
 
Für den Wohnraumförderfonds haben wir Kosten von 638 Mio. € insgesamt errechnet, das wären 127,6 Mio. € im Jahr. Aus dem Fonds wird u.a. finanziert:
– die Mietensenkung der Sozialwohnungen (§ 29) mit 90 Mio. Euro pro Jahr bzw. 450 Mio. € insgesamt und ein Mindestansatz für Modernisierungsförderung und die Finanzierung des Neubaus von Sozialwohnungen (§ 38) von ca. 37,6 Mio. €.
 

Im Gesetzentwurf ist für den Wohnraumförderfonds festgelegt, welche Mittel in den Fonds einfließen müssen (§ 5):

 
Bundesmittel aus dem Entflechtungsgesetz (derzeit 32 Mio. Euro jährlich), § 5 (1)
Rückflussmittel aus früheren Förderdarlehen i.H.v. 50 Mio. (Stand 2013, jedoch ohne die unkalkulierbaren außerordentlichen Rückzahlungen), § 5 (2)
Fördermittel aus dem EU-EFRE-Programm in der Periode 2014 bis 2020 zur CO2-Reduzierung und energetischer Gebäudesanierung in Höhe von 95 Mio. Euro = 13,6 Mio. € im Jahr), § 5 (7)
Jährliche Ausgaben des Landes Berlin für Wohnungsneubau (als Fonds) i.H.v. 32 Mio. Euro (zusammen mit den Mittel des Bundes nach § 5 (1) sind bereits 64 Mio. € für den „Wohnungsneubaufonds“ im Haushalt des Landes enthalten), § 5 (8)
 

Durch den Volksentscheid würden also jährlich 151,2 Mio. € zusätzlich für Wohnen ausgegeben werden; zusammen mit den bereits im Haushalt des Landes Berlin eingeplanten Gelder für Wohnungsbau von 77,6 Mio. € können also die 228,8 Mio. € jährliche Kosten für den Volksentscheid finanziert werden.
 
Wir sehen zusätzlich zu diesen bereits existierenden Finanzmitteln weitere Finanzierungsquellen für die notwendige Neuausrichtung der sozialen Wohnraumversorgung:
 

Die Erhöhung der Grunderwerbssteuer. Sie wirkt spekulationshemmend. In einem regulierten Mietmarkt wie Berlin kommt es deswegen nicht zu einer Mieterhöhung. Der aktuelle Steuersatz liegt in Berlin mit 6 Prozent niedriger als beispielsweise in NRW. Wir schlagen eine Erhöhung dieser Steuer von 6 auf 7,5% vor. Auf Basis der Werte von 2014 ergibt dies Mehreinnahmen von ca. 200 Mio. Euro jährlich.

 

Darüber hinaus betrug im Jahr 2014 der Haushaltsüberschuss des Landes Berlin 826 Mio. Euro. Laut mittelfristiger Finanzplanung bleibt dieser Überschuss in den nächsten Jahren in ähnlicher Höhe bestehen. Aus diesem Überschuss können weitere Millionen Euro zur Finanzierung herangezogen werden.

 
Aus unserer Sicht stehen also mehr genügend Finanzmittel zur Verfügung, um die notwendige Neuausrichtung solide finanziert anzugehen. Die aufgezeigten Finanzierungsmöglichkeiten machen deutlich, dass öffentlichen Ausgaben in Bereichen wie Umwelt, Infrastruktur oder Bildung auch bei Inkrafttreten des Volksentscheidsgesetzes nicht gekürzt werden müssen.

 
Fazit: Der Volksentscheid würde zusätzlich im Jahr nur 151 Mio. € kosten, dies ist ein notwendiger Geldeinsatz, um 140.000 Sozialwohnungen bezahlbar zu machen und den Einstieg in eine wirklich soziale Wohnraumversorgung in Berlin zu finanzieren.
 
Der größte Teil wird möglicherweise sowieso von den Mieterinnen und Mieter der Sozialwohnungen bezahlt: in den letzten Jahren gab es noch zusätzlich Rückzahlungen von Fördermitteln von jährlich 120 Mio. € bis 240 Mio. €! Diese Gelder sollten dann auch wieder für die Wohnraumversorgung eingesetzt werden!

 

Kurzstatement zur Kostenschätzung des Senats

Wie auch bei anderen Volksentscheiden in der Vergangenheit hat der Senat die Kostenschätzung mit 3,3 Milliarden Euro zu hoch angesetzt.

 

Wie kommt das? Der entscheidende Unterschied ist der Wohnraumförderfonds. Wie oben erläutert hat die Initiative Mietenvolksentscheid hier keine Kosten angesetzt. Der Senat allerdings rechnet seine Neubauförderung und die dafür bereits vorhandenen Mittel der EU und des Bundes, die bisher zusammen jährlich 320 Mio. Euro über 5 Jahre betragen, jetzt einfach als Jahreskosten für den Mietenvolksentscheid („Wohnungsneubauförderfonds“ des Senats). Alleine hierdurch erklären sich also 1,6 Milliarden Euro, um die die Kostenschätzung des Senats hochgerechnet wurde.

 

Auch die Mehrkosten für die Umwandlung aller sechs landeseigenen Wohnungsunternehmen im Laufe von fünf Jahren sind mit 45 Mio. € unangemessen hochgerechnet worden. Die Unternehmensstrukturen bleiben mit der zügig umsetzbaren Umwandlung der Anstalten öffentlichen Rechts weitestgehend erhalten, weshalb die Initiative mit insgesamt 6. Mio. Euro statt 45 Mio. Euro rechnet.

 

Zuletzt berechnet der Senat 100 Mio. € für den Zukauf von Sozialwohnungen auf Grund von § 37 – hierüber würde sich der Mietenvolksentscheid Berlin freuen, es ist aber nicht davon auszugehen, dass aufgrund der für Investoren attraktiven Wohnungsmarktlage so viele Verkäufe noch gebundener Wohnungen an das Land Berlin zu erwarten sind. Die Hochrechnung ist somit als übertrieben einzuschätzen.

 

In der Summe lässt sich die von Senat angesetzte und deutliche höhere Kostenschätzung also erklären und als Zahlenspiel entlarven, welches von unrealistischen Szenarien ausgeht.