AG MVE: Die LWU an die Kandare nehmen

Die Landeswohnungsunternehmen (LWU) sperren sich dagegen, die Quote für Sozialwohnungen in Bestand und Neubau heraufzusetzen. Sie drohen öffentlich mit Zurückfahren des Neubaus und warnen vor neuer Ghettobildung („Französische Zustände“) und einer Gefährdung der sog. Berliner Mischung. Der Tagesspiegel zitiert (am 1.7.20) einen LWU-Geschäftsführer: „Will sagen: Steigt die WBS-Quote von aktuell 50 auf 75 Prozent aller Wohnungen im Neubau, müssen vier von fünf Bauprojekten gestrichen werden.“

Die LWU reagieren mit dieser gezielten Veröffentlichung auch auf unsere Forderungen zur Weiterentwicklung der sog. „Kooperationsvereinbarung Senat-LWU“.

Der Senat läst seinerseits mögliche „Gesellschafteranweisungen“ an die LWU vermissen.

Wir dokumentieren im Folgenden unsere ausgehend von dieser Sachlage bereits vor einem Jahr entwickelten Forderungen.

Unsere Forderungen zur Novellierung der Kooperationsvereinbarung 20171

Bestand

(Punkt 4 in KoopV 2017)

geltende Verträge

* Mieterhöhung: 1% Steigerung p.a. pro Haushalt (statt 2%), 2% in 2 Jahren sind möglich

* Streichung der Ausnahme der Mietenkappung (derzeit 2 %, künftig 1%) wenn Ø-Miete <75% (Streichung 4.2, Absatz2)

Wiedervermietung:

* Vergabe: 66% an WBS (statt 60 %); von den 66% 1/3 an Haushalte mit bis zu 100% BEG, 1/3 an besondere Bedarfsgruppen, 1/3 an Haushalte bis zu 180% BEG

* Miethöhe: OVM -10% (statt maximal OVM)

Sozialverträgliche Mieten:

* Begrenzung der Bruttowarmmiete (statt Nettokaltmiete)auf 30% des Haushaltsnettoeinkommens

Ausnahmen von der 66%-Belegungsquote[2]

* Ausgleich innerhalb des Unternehmens

Neubau[3]  

(Punkt 2.1 KoopV 2017)

Belegung

* mindestens 75% WBS (statt 50 %), davon im 1. Förderweg mindestens 60 % (mögliche Variante: staffeln 100% WBS ab 100 WE, bei Vorhaben mit > 100 WE 75%

* Begrenzung der Bruttowarmmiete auf 30% des Haushaltsnettoeinkommen (auf Antrag an das Unternehmen)

Miethöhe

* keine Änderung der Regelung (durchschnittlich unter 10 €/qm)

Wohnfläche

*LWU Vorrang 2 Zi-WE = 50qm, jedoch wg Überbelegung großer Familien größerer Anteil an 4 Zi-WE, inkl. Flächen-Vergrößerung von 82 auf 94qm

Nachverdichtung

* Bei von LWU geplanten Nachverdichtungen sind die städtebaulichen Bestimmungen, insbesondere die sozialen Interessen der Anwohner*innen und die ökologischen und verkehrlichen Anforderungen zu beachten.

Modernisierung

(Punkt 4.3 KoopV 2017)

Umlage

* Reduzierung von 6 auf  max. 4%

* Kappung bei OVM (statt max. OVM +10%)

* Befristung auf den Zeitraum der Amortisierung

* Begrenzung der Kosten auf Warmmietenneutralität (statt Punkt 5 KoopV 2017: „warmmietenneutrale Umsetzung der Modernisierungsvorhaben wird angestrebt“), evtl. als Teil von Gesamtmaßnahmen

Beteiligung bei Modernisierung

* Einbeziehung/Beteiligung der Mieterschaft in die Planung

* mehrheitliche Zustimmung zur Modernisierung

Instandhaltung

* Pflicht der LWU zu ausreichender und zeitnaher Instandhaltung, Anpassung der Budgets an Kostensteigerungen, Transparenz der Maßnahmen für die Mieterschaft

Ungeförderte Wohnungen[4]

Bestand (restliches Drittel der Vermietungen) und Neubau (restliche 25%, statt 50%)

* bei Wiedervermietung Begrenzung der Mieterhöhung auf maximal 10 % (unter Beachtung der Vorgaben der Mietpreisbremse, Miet-Kappung bei OVM)

* Mietbegrenzung auf 30% der Bruttowarmmiete (auf Antrag an Unternehmen)

Beteiligung

(Punkt 6 KoopV 2017)

* Förderung der Verankerung und Zusammenarbeit zwischen Mieterräten und Mieterbeiräten; gemeinsamer Termin in allen LWU für die Wahl der Mieterbeiräte

* Wahl der Mieterräte in Wahlversammlungen der Mieterbeiräte in regionalen Wahlbezirken; jede/r Mieter*in kann kandidieren; 50%-Mindestquote für Mieterbeiräte unter den Gewählten

* in Gebieten ohne Mieterbeiräte bzw. bei Streubesitz Einrichtung entsprechender Wahlbezirke für die Wahl von Mieterräten (bis Mieterbeiräte gewählt sind)

* Integration der Mieterbeiräte (inkl. der Änderung des Wahlverfahrens) in das WoVG

* Unterstützung dieser Maßnahmen durch die LWU

(AG MVE 16.9.2019)


[1] In den Forderungen sind nur die notwendigen Änderungen der KoopV 2017 aufgeführt. Die anstehende Novellierung der KoopV ist noch in der Abstimmung mit den LWU. In ersten Gesprächen hierzu forderten die LWU in wichtigen Punkten eine Verschlechterung. Dazu zählten die Anhebung der Miethöhenbegrenzung für freifinanzierten Neubau, die Auflockerung der WBS-Belegungsquoten bei Wiedervermietung, ein höherer Mietanstieg bei Modernisierungen, die Ablehnung der Begrenzung der Bruttowarm- (statt bislang Nettokalt)–Miete auf 30% des Haushaltsnettoeinkommen sowie die kritische Bewertung der geltenden (sehr schwachen) Anforderungen an die Beteiligung der Mieterschaft.

[2] s. hierzu hat laut Presseinfo Jörg Franzen, Chef der Gesobau und LWU-Sprecher  „Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke) um eine deutlich niedrigere Sozialquote für das Märkische Viertel … gebeten. … Wir geraten in Gefahr, … durch die Belegungsvorgaben die gewonnene Stabilisierung zu verlieren“. (https://www.morgenpost.de/bezirke/reinickendorf/article211430341/Weniger-Sozialwohnungen-in-Berlin.html, Hv. d.Verf.)

[3] Grundlage sind die Wohnungsbauförderungsbestimmungen 2019 (WFB 2019)

[4] Für den freifinanzierten Wohnungsbau bestimmt Art. 2 § 2 Nr. 3 WoVG: „Die Mieten der nicht geförderten Neubauwohnungen sollen nach dem Wohnwert und der Größe der Wohnungen gestaffelt werden und für breite Schichten der Bevölkerung tragbar sein.“ (Hv. d.Verf.)

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Betonkopf Härtig (SPD) als WVB-Vorstand verhindern

Finanzsenator Kollatz, immerhin dem linken Flügel der SPD angehörig, will Volker Härtig als Vorstand der Wohnraumversorgung Berlin (WVB) als Nachfolger von Jan Kuhnert berufen. Härtig zählt zur alten Garde der SPD-Wohnungspolitik und hat sich stets gegen die Forderungen der Mieten-Inis und als Vertreter der Interessen der Landeswohnungsunternehmen positioniert. Die Grünen und DIE LINKE lehnen die Besetzung ab. Senator Scheel hat das Vorhaben vorerst gestoppt. Mehrere Mieten-Initiativen, darunter die AG Gesetz des Mietenvolksentscheids, haben dazu Erklärungen veröffentlicht, die erste unterschrieben von 16 Inis, die zweite (aus Zeitgründen) von 2 Inis.

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